Das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz wurde veröffentlicht
Die Regelungen, die u.a. auch Auswirkungen auf gemeinnützige Organisationen hat, treten ab 1. Januar 2025 in Kraft
Das Bürokratieentlastungsgesetz IV enthält eine Vielzahl von Regelungen, die für gemeinnützige Organisationen und die tägliche Arbeit von Bedeutung sind. Die Regelungen, die u.a. auch vereinsrechtliche Auswirkungen hat, treten ab 1. Januar 2025 in Kraft.
Wir hatten über den Entwurf eines Bürokratieentlastungsgesetzes bereits hingewiesen. Der Bundestag hatte das Gesetz am 26. September 2024 verabschiedet. Am 18. Oktober 2024 hat der Bundesrat seine Zustimmung erteilt.
Es ist am 29. Oktober 2024 im Bundesgesetzblatt Teil I veröffentlicht worden. Das Gesetz tritt in weiten Teilen am 1. Januar 2025 in Kraft.
Zu den beschlossenen Maßnahmen:
Im Steuerrecht verändern sich u.a. folgende Regelungen:
Die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege in § 147 Abs. 3 Satz 1 AO werden von bisher zehn auf acht Jahre verkürzt.
Die Regelungen für die Katastrophenhilfe in § 53 AO werden angepasst.
Neu eingefügt wurde ein § 53 Nr. 3 AO, wonach eine Körperschaft mildtätige Zwecke verfolgt, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, …“3. deren wirtschaftliche Lage aus besonderen Gründen zu einer Notlage geworden ist. Als besondere Gründe gelten insbesondere Katastrophen, die durch Erlass des Bundesministeriums der Finanzen oder einer obersten Finanzbehörde der Länder festgestellt wurden. In diesen Fällen reicht es für den Nachweis der Hilfsbedürftigkeit aus, wenn die durch die Katastrophe entstandene Notlage sowie die Mehraufwendungen glaubhaft gemacht werden.“
Diese Änderungen hatten die in der BAGFW zusammengeschlossenen Verbände seit langem gefordert und begrüßen die nun erfolgte Klarstellung.
Zu den Regelungen im Vereinsrecht:
Im Vereinsrecht wird in §§ 32 Abs. 3 und 33 Abs. 1 Satz 2 BGB das Schriftformerfordernis durch die regelhafte Einführung der Textform ersetzt.
§ 32 Abs. 3 BGB heißt: „Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss in Textform erklären.“
§ 33 Abs. 1 Satz 2 BGB lautet nunmehr: „Zur Änderung des Zwecks des Vereins ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienen Mitglieder muss in Textform erfolgen.“
Die Schriftform verlangt die eigenhändige Unterschrift auf Paper, im Gegensatz zur Textform, bei der auch z.B. eine E-Mail ausreichend ist. Gerade bei vielen kleinen, ehrenamtlich geführten Vereinen hat dies in der Vergangenheit zu vielen Verunsicherungen und Nachfragen geführt. Die Neuerungen stellen eine Vereinfachung dar. Bitte beachten Sie, dass gem. § 40 BGB abweichende Regelungen in Satzungen Vorrang haben.
Weitere Änderungen im BGB:
Vermieter können gem. § 556 (neuer) Absatz 4 BGB, Belege über die Betriebskostenabrechnung künftig in elektronischer Form bereitstellen oder per E-Mail übersenden. Mieter können nicht mehr verlangen, dass ihnen die Originalbelege in Papierform zur Verfügung gestellt werden.
Zum Gewerbemietrecht:
Bislang ist für gewerbliche Mietverträge, die länger als ein Jahr laufen, die Schriftform vorgeschrieben. Wird sie nicht eingehalten, gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann unter Einhaltung der Kündigungsfrist gekündigt werden. Nach der Neuregelung reicht für Gewerbemietverhältnisse, die für länger als ein Jahr geschlossen werden, die Textform aus. Übergangsweise gilt eine einjährige Frist für bereits bestehende Mietverhältnisse. Diese sind noch für ein Jahr nach den bisherigen Vorschriften rechtlich zu beurteilen, es sei denn, der Mietvertrag wird schon früher geändert. Dann gelten die neuen Vorschriften bereits ab dem Zeitpunkt der Änderung.
Zum Arbeitsrecht:
Zeugnis
Die Erteilung von Arbeitszeugnissen wird für die gesetzliche elektronische Form geöffnet. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber das Zeugnis auch in elektronischer Form erteilen kann, wenn der/die Arbeitnehmer*in einwilligt. Bei der elektronischen Form versieht der Aussteller der Erklärung das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur. Dies setzt den Einsatz einer speziellen Soft- und Hardware voraus, deren Anschaffung und Unterhalt mit entsprechenden Kosten verbunden ist. In der Praxis wird es deshalb vielfach bei der Schriftform bleiben. Das gilt auch, wenn wegen der Zeitangabe, die aus dieser Signatur ersichtlich ist („krummes Datum“), unzulässige Rückschlüsse zulasten der Arbeitnehmer*innen ermöglicht würden und daher eine Rückdatierung rechtlich erforderlich ist.
Schon seit 1. August 2024 gilt, dass Ausbildende den Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis auszustellen haben, das Zeugnis mit Einwilligung der Auszubildenden aber auch in elektronischer Form erteilt werden kann.
Arbeitsverträge
Arbeitgeber haben die Möglichkeit, den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen gemäß § 2 Nachweisgesetz statt in Schriftform, wie dies bislang vorgeschrieben war, nun auch in Textform zu erbringen.
Das bedeutet, dass die wesentlichen Vertragsbedingungen elektronisch abgefasst und übermittelt werden können, wenn das Dokument für den/die Arbeitnehmer*in zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann, und der Arbeitgeber den/die Arbeitnehmer*in mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen.
In der Praxis kann dies vor allem per E-Mail oder Telefax geschehen.
Wenn der/die Arbeitnehmer*in jedoch den Nachweis in Schriftform verlangt, muss dieser vom Arbeitgeber (weiterhin) in Schriftform erteilt werden.
Wurde der Arbeitsvertrag von beiden Arbeitsvertragsparteien bereits in Textform geschlossen und enthält er alle wesentlichen Vertragsbedingungen, muss – wie bisher auch schon – nicht noch einmal ein Nachweis hierüber erteilt werden.
Auch Änderungsverträge können nun digital, zum Beispiel als pdf-Datei und per E-Mail, übermittelt werden, es sei denn, der/die Arbeitnehmer*in verlangt einen schriftlichen Nachweis über die geänderten Vertragsbedingungen.
Von den Formerleichterungen ausgenommen sind die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige nach § 2a Abs. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, wozu beispielsweise das Personenbeförderungsgewerbe gehört. In diesen Bereichen wird die Beibehaltung der Schriftform von Arbeitsverträgen zum Schutz der Arbeitnehmer*innen für erforderlich gehalten.
Auch die Befristung eines Arbeitsverhältnisses bedarf weiterhin der Schriftform. Dies schreibt § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) vor. Für eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht (Altersbefristungen), genügt jedoch die Textform.
Aushangpflichten
Nach § 16 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) a. F. war der Arbeitgeber bislang verpflichtet, einen Abdruck dieses Gesetzes sowie der im Betrieb geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen oder auszuhängen.
Nach der Neuregelung kann der Arbeitgeber seiner Aushangpflicht künftig auch dadurch nachkommen, dass er die geforderten Informationen über die im Betrieb übliche Informations- und Kommunikationstechnik (etwa das Intranet) elektronisch zur Verfügung stellt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass alle Beschäftigten ungehinderten Zugang zu den Informationen haben.
Das gilt auch für Bekanntgabe- und Aushangpflichten nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG), wonach Arbeitgeber einen Abdruck des JArbSchG und die Anschrift der zuständigen Aufsichtsbehörde beziehungsweise einen Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Pausen der Jugendlichen an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsicht auszulegen oder auszuhängen haben.
Weitere Formerleichterungen
Arbeitnehmer*innen können für ab 1. Mai 2025 geborene Kinder die Inanspruchnahme der Elternzeit nach § 16 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) gegenüber dem Arbeitgeber in Textform, zum Beispiel per E-Mail, verlangen. Gleiches gilt für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit gemäß § 15 Abs. 7 BEEG. Spiegelbildlich kann der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit auch mit einer Begründung in Textform ablehnen.
Auch wer Pflegezeit nach § 3 Pflegezeitgesetz beanspruchen will, muss dies dem Arbeitgeber spätestens zehn Arbeitstage vor Beginn nur noch in Textform, statt wie bisher schriftlich ankündigen. Gleiches gilt auch für die Inanspruchnahme der Familienpflegezeit.
Weitere Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem beigefügten Gesetz im beigefügte Link.
Informationen zusammengestellt von Erika Koglin und Dr. Ingo Vollgraf, Paritätischer Gesamtverband, Berlin
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