Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Resolution: Für eine Gesellschaft, die zusammenhält!

Der Paritätische in Bayern tritt in Politik und Gesellschaft für Vielfalt, Toleranz und Offenheit ein. Selbstbestimmung und Mitbestimmung aller sozialen Gruppen sind wesentliche Bestandteile unseres Verständnisses einer Zivilgesellschaft, in der jeder Mensch gleichberechtigt und gleich wertvoll ist. Diese Werte gelten für alle Menschen gleichermaßen, egal welchen Alters, ob Frau oder Mann, egal welcher sozialen oder ethnischen Herkunft, ob Deutsche, mit Migrations- oder Fluchthintergrund, egal ob mit oder ohne Behinderung, unabhängig von Religion und sexueller Orientierung.

Die Gesellschaft ist ungleich und verunsichert

Mit Sorge beobachten wir eine wachsende soziale Spaltung der Gesellschaft, die viele Menschen verunsichert. Obwohl der Wohlstand in Deutschland und Bayern wächst, sind Einkommen und Vermögen sowie Teilhabechancen immer ungleicher verteilt. Der steigende Wohlstand und die Konzentration von Vermögen auf Wenige stehen einer wachsenden Gruppe von Menschen gegenüber, für die das Wohlfahrtsversprechen unserer sozialen Marktwirtschaft nicht mehr gilt. In einer sich immer schneller wandelnden, globalisierten Welt nehmen zum einen die wirtschaftlichen und sozialen Verknüpfungen zu und zum anderen die durchaus berechtigten Sorgen und Ängste, nicht vom wachsenden Wohlstand zu profitieren und – im Gegenteil – abgehängt und ausgegrenzt zu werden. Die Verunsicherung schlägt um in pauschale Ressentiments gegen verschiedene gesellschaftliche Gruppen, seien es „die Flüchtlinge“, „Wohnungslose“ oder „Arbeitslose“. Als Akteur der Sozial- und Gesellschaftspolitik sehen wir uns in der Verantwortung, den Ursachen dieser Verunsicherung entgegenzutreten.

Eine Gesellschaft, in der wir leben wollen

Entgegen dieser negativen Tendenzen gibt es dennoch Anlass zum Optimismus: Die Zahl der Menschen, die sich engagieren und für ein friedliches Miteinander und für gesellschaftlichen Zusammenhalt eintreten, ist hoch, sei es beispielsweise in der Flüchtlingshilfe oder in Initiativen für eine starkes, soziales Europa. Ein Großteil der Bevölkerung befürwortet weiterhin eine offene und sozial gerechte Gesellschaft. Diese Mehrheit gilt es, im öffentlichen Diskurs sichtbar zu machen, um nicht Populisten die Deutungshoheit über die relevanten gesellschaftlichen Themen zu überlassen.

Wir setzen uns ein für eine Gesellschaft:

  • die sozial gerecht ist, in der gleichberechtigte Teilhabe ermöglicht wird und alle Menschen mitgenommen werden,
  • die Armut wirkungsvoll bekämpft,
  • in der alle Menschen gleichwürdig behandelt werden und ihnen mit Respekt begegnet wird, unabhängig vom Herkunftsland und kulturellen Hintergrund,
  • in der Frauen und Männer gleichberechtigt leben können,
  • die kinder- und familienfreundlich ist, in der kein Kind in Armut leben muss und in der sich jedes Kind entsprechend seiner Fähigkeiten entwickeln kann,
  • in der Menschen auch im Alter würdevoll leben können,
  • in der es normal ist, verschieden zu sein,
  • die die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ernst nimmt und ein inklusives Gemeinwesen schafft,
  • in der sich viele Menschen engagieren, für Demokratie und Freiheit offen einstehen und sich gegen Populismus und Ausgrenzung stellen,
  • die den weltweiten Zusammenhalt fördert.

Für eine inklusive, offene und sozial gerechte Gesellschaft braucht es:

  • eine Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme, die den strukturellen Veränderungen des Arbeitsmarktes nicht zuletzt durch die Digitalisierung und die Zunahme atypischer Arbeitsverhältnisse angemessen Rechnung trägt. Menschen sind in ihren unterschiedlichen Lebenslagen so abzusichern, dass Armut und Ausgrenzung vermieden und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe möglich wird;
  • eine Integrationspolitik, die Zugang zu Sprachkursen, Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt unabhängig von der Bleibeperspektive sicherstellt und Integration auf Augenhöhe ermöglicht;
  • eine Gesellschafts- und Sozialpolitik, die alle Formen der Arbeit – Erwerbsarbeit, private Sorgearbeiten und bürgerschaftliches Engagement – als gleich wertvoll ansieht und entsprechend sozial und wirtschaftlich absichert. Insbesondere sind die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie den veränderten Wünschen von Frauen und Männern nach Vereinbarkeit von Familie, Privatleben und Beruf entsprechen. Die Übernahme von Sorgearbeit in der Familie darf kein Armutsrisiko darstellen;
  • eine Familienpolitik, die Familien in ihrer Vielfalt stark macht und Kinderarmut verhindert;
  • ein inklusives Bildungssystem, das den Bedürfnissen aller Kinder und Jugendlichen gerecht wird – unabhängig von Behinderung, kultureller oder sozialer Herkunft – und das das Recht auf gleiche Bildungschancen für jedes Kind sicherstellt;
  • starke Kommunen, die wirtschaftlich in der Lage sind, die Infrastruktur für soziale, kulturelle und bildungsspezifische Angebote kostengünstig bereitzustellen. Denn: Leben findet vor Ort statt;
  • eine Wohnungspolitik, die bezahlbaren inklusiven Wohnraum und ein lebenswertes Wohnumfeld schafft, in dem alle Menschen – mit und ohne Behinderung oder Migrationshintergrund – ganz selbstverständlich zusammen leben;
  • eine Engagementpolitik, die den Wunsch der Menschen nach gesellschaftlicher Partizipation und Mitgestaltung aufgreift und dafür fördernde und unterstützende Strukturen schafft;
  • eine Einwanderungspolitik, die Schutzsuchenden einen legalen, sicheren Weg nach Europa ermöglicht, sowie eine Außen- und Entwicklungspolitik, die den weltweiten Zusammenhalt fördert und insbesondere Fluchtursachen wirksam bekämpft.

Eine aktive Zivilgesellschaft muss entschieden Menschenfeindlichkeit, Ressentiments und Intoleranz entgegentreten. Anlässlich der Bundestagswahl und der Bayerischen Landtagswahl im kommenden Jahr fordern wir alle politischen Parteien auf, im Wahlkampf das wachsende Klima der Polarisierung und Stigmatisierung sozialer Gruppen nicht zu befeuern, sondern sich für eine offene, plurale Gesellschaft stark zu machen. Eine tolerante Gesellschaft lebt von konstruktiven, politischen Auseinandersetzungen.

Die Resolution wurde auf der Mitgliederversammlung des Paritätischen in Bayern am 7. Juli 2017 in Unterföhring verabschiedet.

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